In einem aufsehenerregenden Obsorgeverfahren in Wien wurden blinde und stark sehbehinderte Eltern zu Unrecht beschuldigt, ihr Kind nicht angemessen versorgen zu können. Sie sahen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, ihre Tochter schlecht zu behandeln und sogar verhungern zu lassen. Mit rechtlichen Unterstützung meiner Kanzlei konnten die Eltern das Sorgerecht für ihre Tochter uneingeschränkt behalten und die unbegründeten Vorwürfe widerlegen.
Das Verfahren begann kurz nach der Geburt der kleinen Sonja, als eine Hebamme die Eltern bei der Kinder- und Jugendhilfe MA11 meldete. Die Behörde reagierte umgehend mit Hausbesuchen, um den Vorwurf zu prüfen. Die Eltern, beide hochgradig sehbehindert bzw. blind, waren zutiefst erschüttert. Doch sie ließen sich nicht entmutigen und stellten sich gemeinsam mit mir dem Obsorgeverfahren.
Meine Kanzlei unterstützte die Familie dabei, medizinische Unterlagen vorzulegen, die zweifelsfrei bewiesen, dass ihre Tochter völlig gesund war und sich normal entwickelte. Darüber hinaus machten wir deutlich, dass die Vorwürfe auf einem tiefen gesellschaftlichen Vorurteil basierten: der Annahme, dass sehbehinderte Menschen nicht in der Lage seien, ein Kind adäquat zu erziehen.
Trotz der anfänglichen Skepsis der Behörde und dem intensiven Druck auf die Eltern konnten wir im Gerichtsverfahren einen wichtigen Sieg erzielen: Das Gericht entschied, dass keine Gefahr für das Kindeswohl bestand, und lehnte weitere Eingriffe der Behörde ab. Ein bedeutender Erfolg, nicht nur für die betroffenen Eltern, sondern für alle Eltern mit Behinderungen, die tagtäglich mit Vorurteilen zu kämpfen haben.
Dieser Fall unterstreicht, dass es sich lohnt auch einen Standpunkt gegen eine Behörde mit einer starken rechtlichen Vertretung durchzusetzen.
Trotz des Sieges im Verfahren muss die Familie die Verfahrenskosten selbst bezahlen, da es im Obsorgeverfahren grundsätzlich keinen Kostenersatz gibt. Dieser Ansatz des Gesetzgebers mag seinen Zweck bei Verfahren erfüllen, in denen Eltern gegeneinander Standpunkte vertreten, ist aber aus meiner Sicht weder rechtspolitisch noch rechtsdogmatisch in einem Verfahren gegen eine Behörde tragbar.
Der Fall wurde in „Aktuell nach eins“ am 16.10.2024 von Čedomira Schlapper auch medial aufgearbeitet und hat neben einer Entschuldigung der Behörde eine Welle der Solidarität für die junge Familie ausgelöst.
Er zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Vorurteile und institutionelle Hindernisse anzusprechen und sich entschieden für die Rechte von Menschen mit Behinderung einzusetzen.
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